Last Update 12.09.2016
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Störche |
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“Dennis” |
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Das Leben des kleinen Storches A 3268 beginnt im Jahr 2003 im Storchenhorst von Dannberg bei Erlangen. Er ist eines von 6 Storchen- küken der Brut 2003. Wie sein Leben bis zum Jahr 2004 verläuft, ist im nachfolgenden Brief von Michael Zimmermann an die Klasse 3 c in Gummersbach auf dieser Seite nachzulesen. | |
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Die Geschichte schreibt eine Fortsetzung im Jahr 2006. *Dennis* und eine kleine schwedische Störchin (auch im Jahr 2003 geboren) bleiben im Winter 2003/2004 im Raum Erlangen und finden im Wiesengrund durch die Winterfütterung eine gute Chance zu ueberwintern. Beide sieht man immer zusammen bei der Futtersuche, mit ihr ist *Dennis* ständig unterwegs. Dann, es ist Mai 2004, verschwinden beide plötzlich und werden nicht mehr gesehen. Sie sind, wie man heute weiss, nach Gibraltar gezogen. Dort werden sie durch die Ringnummern (die dort abgelesen werden konnten) identifiziert. Sie sind, allen Kritikern der Winterfütterung und allen, die der Meinung sind, man solle auch nicht bei drohender Gefahr in einen Storchenhorst eingreifen zum Trotz, *wilde Störche* geblieben. Wir schreiben das Jahr 2006 und ... Storch A3268 “Dennis”, inzwischen ein stattlicher schöner Storch, ist zurück im Erlanger Wiesengrund. Seine Rückkehr hat ein Gänsehautgefühl erzeugt. Wünschen wir “Dennis” ein langes gutes Storchenleben. Von der kleinen Schwedin gibt es leider keine Informationen. Hoffen wir nur, das sie auch noch lebt. Willkommen wieder daheim Storch A 3268. |
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Brief von Michael Zimmermann an die Klasse 3 c in Gummersbach |
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Die Geschichte des Dannberger Störchlis (2003) in Michael Zimmermanns Brief vom 14.12.2003 an die Klasse 3c beschrieben: Liebe Frau Lühr Ich komme gerade aus dem Tal der Regnitz (mündet bei Bamberg in den Main), wo acht hungrige Störche auf mich warteten, darunter auch A3268, der seit ein paar Tagen hier ist, dessen Erscheinen beim Storchenvater, an sich aus härterem Holz geschnitzt, ein paar Tränchen kullern ließ. Seine Geschichte ist ungewöhnlich und ich werde noch von ihm erzählen. Heute gab es Forelle geschnitten, Karpfenkiemen und Innereien, außerdem Ärgerliches und Erfreuliches. Zunächst das Ärgerliche: die Jäger waren da und haben an der Fütterung herumgeschossen (wahrscheinlich auf Krähen, die Jäger nicht mögen). Das haben ihnen die Störche sehr verübelt, da sie sehr knallempfindlich sind und waren verstört. Es wird ein paar Tage dauern, bis sie wieder Vertrauen fassen. Ich habe heute schon in diesem Zusammenhang an unsere Bürgermeisterin geschrieben mit der Bitte, die Jagd in diesem Bereich zu verbieten. Und nun das Erfreuliche: Brit und Michael Kaatz sind aufgetaucht und haben mir über die Schulter geschaut. Das kommt nicht alle Tage vor! Ich hoffe, dass sie mit meinem Menü zufrieden waren. In den letzten Tagen habe ich dazugelernt. Ich weiß jetzt, was ein Set ist: das ist eine kunstvoll gestaltete Unterlage für die Teetasse und das Butterbrot. Ich habe davon drei mit wunderbaren Storchenmotiven, die ich Euch zu verdanken habe! Künstlerisch gekonnt und unangreifbar, nur biologisch wäre Kritik möglich, denn das Gelenk auf halber Höhe am Storchenbein ist das Fersengelenk, welches nach hinten knickt. Das Storchenbein hat natürlich auch ein Kniegelenk, welches nach vorne knickt. Dieses wird aber bereits vom Gefieder bedeckt und ist nicht sichtbar. Aber wie gesagt, künstlerisch hervorragend. Jetzt gehen wir etwas zurück, bis Pfingstsonntag dieses Jahres. Damals habe ich meiner Frau eine Radtour versprochen (Autos finden wir blöd und haben nie eines besessen). Wir fuhren früh um 4 Uhr los, da sind noch keine Autos unterwegs und den Sonnenaufgang im Fahrradsattel zu erleben finden wir wunderbar. Wir fuhren Richtung Dannberg, das ist ein kleines Dorf, ca. 15 km westlich von Erlangen. Ich wollte schauen, wie die dortige Storchenbrut vorankommt. Ein paar Wochen vorher waren wir schon einmal hier und haben bei einer Horstkontrolle festgestellt, dass 6 (sechs!) Junge im Nest waren. Gegen 5 Uhr waren wir da und nachdem ich das Fernglas aufs Stativ montiert hatte konnten wir mit der Beobachtung anfangen. Das Zählen des Nachwuchses ist nicht einfach, da er vertieft in der Nestmulde liegt. Die meiste Zeit ist nichts zu sehen. Wenn man aber ca. 100 m Abstand nimmt, dann kommt für kurze Zeit ein Köpfchen hoch, übt Schnabelklappern und verschwindet nach ein paar Sekunden wieder. So ist es jedenfalls bei der etwa 4 Wochen alten Brut (fliegen können sie erst mit 9 Wochen). So, nun zähl mal schön, dachte ich mir. Gezählt darf nur werden die Anzahl der Köpfe, die man gleichzeitig sieht. Nach etwa einer Stunde war ich bei 5. Ein paar Mal war es gelungen 5 Köpfe gleichzeitig zu sehen. Sie waren gut drauf und machten einen fröhlichen Eindruck. Mit 5en war ich allerdings noch nicht zufrieden. Wo war das 6te? Ich schaute mir die Augen wund. Beide Eltern waren auf Nahrungssuche unterwegs. Da plötzlich wurde es lebhaft im Horst,- die Mutter war im Anflug- Sie unterflog das Nest und zog gekonnt zum Nestrand hoch – eine saubere Punktlandung! Ihre Aufmerksamkeit galt sofort dem Nachwuchs, ihr Hals versteifte sich und unter heftigen Leibeskrämpfen würgte sie die mitgebrachte Nahrung vor. Unmittelbar danach “der Blick zum Himmel”, wahrscheinlich um die in die Speiseröhre aufgestiegenen Verdauungssäfte zurückfließen zu lassen. Danach wieder der Blick auf die Brut, die sich das Mitgebrachte einverleibte, was von unten natürlich nicht zu sehen war. Unübersehbar war dann auch von unten, dass ihre Stimmung umschlug: statt Brutpflege führte sie urplötzlich furchtbare Schnabelhiebe gegen eine bestimmte Stelle im Nest. Es waren wohl ein Dutzend, bis sie selbst zeigte, wem ihr Schläge galten: sie packte eines ihrer Kinder am Kopf und versuchte es zum Nestrand zu zerren, offensichtlich in der Absicht, es abzuwerfen. Es war mit Sicherheit Kind Nr. 6, das da misshandelt wurde, denn im Gegensatz zu seinen 5 Geschwistern war sein Gesichtsausdruck angstvoll, ja verzweifelt. Mir blieb das Herz fast stehen. Ich rannte zum Betonmast, auf welchem sich das Nest befindet und ergriff einen Holzprügel, der zufällig herumlag und schlug damit an den Mast. Was hätte ich sonst tun sollen? Immerhin hatte es den Effekt, dass die Störchin mit der Tortur innehielt und über den Nestrand äugte, neugierig, warum der Kerl da unten so einen Spektakel machte. Dann hielt ich inne, bis sie sich wieder der Brut zuwenden wollte, um mit noch heftigerem Getöse sie wieder zum Nestrand zu holen. Wie oft das so ging, kann ich nicht genau sagen. Die Pausen jedenfalls nutzte ich um ins Dorf nach einem Telefonbuch und einem Handy zu brüllen, was mir, o Wunder, nach einer Weile auch gereicht wurde. Nach ein paar Fehlversuchen bin ich dann bei der Freiwilligen Feuerwehr in Höchstadt/Aisch gelandet, deren Kommandant Herr Kugler nach einigem Wundern über Feiertag und Uhrzeit zusagte das Auto mit der Drehleiter zu schicken. Nach ¼ Stunde war es da und der Horst angefahren. Ich ergriff Nr. 6, leicht zu erkennen, an dem blutverschmierten Gesicht und am Schnabel, dessen Wurzel deutliche Spuren der “mütterlichen” Schnabelhiebe zeigte. Unten bot ich dem Tier Nahrung an, ein paar Ringfleischbrocken, die auf die Schnelle besorgt werden konnten. Es verweigerte die Aufnahme, so dass ich es zwangsweise füttern musste. Dabei fiel mir auf, dass es Schluckbeschwerden hatte und der Schlund nicht rot sondern merkwürdig grau war. Der Feuerwehrmann verabschiedete sich. Seine Frage, wiederholt gestellt, wie die Notsituation von unten erkannt werden konnte, blieb in der Hektik der Ereignisse unbeantwortet. Frau Rasack, die des Weges kam, eine alte Bekannte, die den Störchen schon viel Gutes getan hat, übernahm das kranke Tier und brachte es mit meiner Empfehlung einen Halsabstrich zu machen, zum Tiergarten nach Nürnberg (manchmal ist es schon gut, wenn man ein Auto hat!). Die Diagnose von dort: Befall von Luftröhrenwürmern. Die Entwurmung verlief problemlos, Sorgen machte aber der Wuchs des Oberschnabels, dessen Wurzel die schweren Schläge abbekommen hatte, mit einer leichten seitlichen Versetzung. Den hervorragenden Ärzten im Tiergarten gelang es jedoch ihn in Normalstellung zu trimmen. Das ist sehr wichtig, da der Storch bei der Nahrungsaufnahme seine Schnabelspitzen wie eine Pinzette benutzt. Anlässlich eines Krankenbesuches brachte ich einen Storchenring der Vogelwarte Radolfzell mit, auf welchem die Kennummer A 3268 eingelasert ist. Daher der Name! Noch ein paar Wort zu seiner Mutter, welcher man nach menschlichen Maßstäben versuchte Kindstötung vorwerfen müsste. Ein Storch sieht es anders: er erwartet von seinen Kindern in den ersten Lebenswochen, dass sie buchstäblich ständig um die elterliche Anerkennung buhlen. Die Jungen werfen den Kopf nach hinten bis der Schnabel den Bürzel berührt und führen ihn unter bellenden und jaulenden Lauten und Schnabelklappern langsam in die Normalstellung zurück. Sie wollen damit sagen :”Eltern, schaut her, ich bin euer Kind, bin kerngesund und habe hervorragende Anlagen, wärmt und füttert mich schön!” Lässt ein Jungtier aus irgendeinem Grunde nach, sich um die elterliche Gunst zu bemühen und wird verhaltensauffällig, dann entsteht bei seinen Eltern die Befürchtung, dass der Grund seiner Apathie auf seine Geschwister übergreifen könnte und lösen das Problem mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln: der Abweichler wird getötet. Ist er noch klein, wird er kurzerhand verschluckt, ist er schon größer, wird er erschlagen und/oder abgeworfen. So gesehen könnte man sogar von einer Brutpflegemaßnahme sprechen. Wie ging es aber mit A 3268 weiter? Ende August wurde er aus dem Tiergarten Nürnberg als geheilt entlassen, gerade noch rechtzeitig um sich einer Reisegesellschaft nach Süden anzuschließen. Da schlug das Schicksal noch einmal zu: Bein Anflug der Allerheiligen Kirche in Nürnberg glitt er aus und kam mit den Beinen ins Schneefanggitter und musste wieder von der Feuerwehr gerettet werden. Da ein Pressefotograf anwesend war, gab es einen Zeitungsartikel, den ich beigefügt habe. Die Beine waren verschrammt, dies bedeutet eine erneute Einweisung zur tierärztlichen Behandlung in den Tiergarten. Bei der erneuten Freilassung nach ein paar Wochen war der Zug nach Afrika endgültig weg. Der kleine Storch schlug sich an den Nürnberger Gewässern durch, wo er Anfang November vom Ehepaar Daut am Wöhrder See beobachtet und abgelesen wurde. Die Ringnr. wurde nach Radolfzell gemeldet und ich kam zu meiner ersten Rückmeldung. Im Dezember flog er die Talaue von Pegnitz-Regnitz nach Norden und traf nach ca. 20 km bei Erlangen-Bruck auf einen Storchentrupp, der sich für die herumstehenden Eimer interessierte und schloss sich diesem an. Dort flossen auch die eingangs beschriebenen Wiedersehensfreudentränen. Soweit die junge Geschichte des Weißstorches A3268. Sein Name könnte schöner sein. Ich schlage deshalb vor, ihn in Zukunft Dennis, Benni bzw. Tobias zu nennen und weil es nur einer sein kann, sollten die 3 das Los ziehen. Einverstanden? Entschuldigt bitte, dass der Brief so lang geworden ist, jetzt ist Schluss! Bedanke mich herzlich für das Geschenk und gratuliere Euch zu Eurer Lehrerin und ihr zu ihren Schülern. Alles Gute, Euer |
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