Tierhandel in Zoos

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Krokodil günstig abzugeben: Die unglaublichen Praktiken deutscher Zoos

Wölfe auf der Hühnerfarm, eine Giraffe im Garten, ein Krokodil im Zoofachmarkt: Woher stammen diese Tiere? report MÜNCHEN forschte nach und stieß auf einen unglaublichen Tierhandel.

Von Ulrich Hagmann
Stand: 14.12.2009

Geburtstagsparty im Berliner Zoo. Knut der berühmteste Eisbär der Welt feiert am 5. Dezember seinen dritten Geburtstag. Riesenmedienspektakel, Knut ist ein Publikumsmagnet. Für 430.000 Euro hat der Berliner Zoo den Bären dem Tierpark Neumünster abgekauft. Soviel Geld hat Zoodirektor Bernhard Blaszkiewitz für andere Tiere anscheinend nicht. report MÜNCHEN liegen exklusiv interne Unterlagen eines Tierhändlers vor. Danach sind der Zoo Berlin und viele namhafte andere deutsche Tierparks tief in zweifelhafte Geschäfte verwickelt. Es geht vor allem um ihn: den Tierhändler Werner Bode.

Frage Reporter: "Sind Sie Herr Bode?"
Werner Bode: "Der bin ich, ja."
Frage Reporter: "Herr Bode, wir hätten da paar Fragen bezüglich Tiere, Tierhandel, Tiertransport. Dürfen wir reinkommen?"

Krokodil günstig abzugeben : Die unglaublichen Praktiken deutscher Zoos Wölfe auf der Hühnerfarm, eine Giraffe im Garten, ein Krokodil im Zoofachmarkt: Woher stammen diese Tiere? report MÜNCHEN forschte nach und stieß auf einen unglaublichen Tierhandel.  

Offiziell hat Werner Bode seinen Tierhandel und sein Tiergehege vor drei Jahren aufgegeben. Doch seine Privatadresse Roosmannstraße 4, Bad Bentheim, mitten in einem Wohngebiet, war laut Unterlagen Transportziel für zahlreiche exotische Tiere. Beispiele: der Tierpark Berlin gab letztes Jahr unter anderem zwei Streifenhyänen an diese Adresse ab. Das belegt die Transporturkunde. Zweites Beispiel: der Tierpark Aschersleben hat im Mai 2008 zwei Nilkrokodile, vier Berberaffen und weitere exotische Tiere nach Bad Bentheim abgegeben. Nur zwei Beispiele. Die Tierrechtsorganisation PETA wertet die Unterlagen aus und prüft, ob die abgegebenen Tiere in den Jahresberichten der Zoos korrekt verzeichnet sind.

Frank Albrecht, Tierschützer: "In der Roosmannstraße hat der Bode weder Außengehege noch Stallungen gehabt. Die Frage ist, wo sind die Tiere in der Zeit verblieben, wenn die dorthin transportiert worden sind?"

Zootiertransporte in Wohngebiete. Wir fragen in Berlin und Aschersleben nach und machen uns selbst auf die Suche. Zufällig begegnet uns das Gespann des Herrn Bode. Leider treffen wir den Tierhändler nicht an, sondern nur einen Mitarbeiter. Der sagt, erst vor zwei bis drei Wochen hätten sie einen Jaguar geholt. Wo das Tier jetzt sei, wisse er nicht. Weil wir ihm weiter folgen, hält er auf einer Wiese an und zeigt uns den Anhänger.

Mann öffnet Anhänger mit Tierboxen: "Sind da Tiere drin, sind da Tiere drin? Was wollen Sie noch sehen, kommen Sie. Hier bitte."

Die Unterlagen zeigen: im Jahre 2008 ist Werner Bode an der Lieferung einer Giraffe aus Berlin an den Snavelhof in Holland beteiligt. Wir finden diesen Hof und der Besitzer kann sich erinnern: laut Gedächtnisprotokoll sagt er folgendes: "Ja die Giraffe… ich habe eine Giraffe gehabt. Wo ist die Giraffe geblieben? Das ist eine gute Frage junger Mann, ich habe viele Tiere, mhm.... Die ist nach Spanien gegangen, in einen Zoo."

Der Mann verspricht nachzuschauen und uns den Aufenthaltsort der Giraffe telefonisch durch zu sagen. Auf seinen Rückruf warten wir bis heute. Zurück in Berlin zeigen wir die Unterlagen dem Tierschutzbeauftragten des Landes. Der kann nicht glauben, an welche dubiosen Adressen die Berliner Zoos Tiere abgeben haben.

Klaus Lüdcke, Landestierschutzbeauftragter Berlin: "Das ist nichts, da liefert man auch nicht hin. Also, um das mal ganz deutlich zu sagen: ich verlange von einem deutschen Zoodirektor, dass er an eine solche Stelle nicht liefert."

Doch der Berliner Zoo hat auch hierher geliefert. Ein Hühnerhof in Holland bekam Wölfe. In den Unterlagen finden sich genaue Anweisungen von Tierhändler Bode an den Zoo, wie die Rechnung geschrieben werden soll. Zitat: "In Anbetracht der Dinge, bitte Rechnung an meinen Kunden..." Das ist der Geflügelhof des Kunden. Wir sehen jede Menge Transportbehälter für exotische Tiere. Aber wo sind die Wölfe? Die hat Herr Bode hier angeliefert, aber die sind gleich weitergegangen an eine Einrichtung in Holland, erklärt der Hausherr. Auf Nachfrage sagt er, die Wölfe blieben in der Transportkiste von Berlin bis zum Bestimmungsort und wenn der Wolf Pech hat, dann halt bis Spanien. Auffangstation für exotische Tiere in der Nähe von Amsterdam. Stationsleiter David van Gennep schaut kopfschüttelnd durch unsere Unterlagen. So umfangreiche Hinweise auf die skandalösen Praktiken des Tierhandels erstaunen sogar den Profi.

David van Gennep, Auffangstation für exotische Tiere, Niederlande: "Die Tiere sind manchmal Wochen in Kiste, ohne laufen zu können, ohne Wasser, ohne Fütterung. Wenn man Tiere nach Italien schicken könnte für das Fleisch, dann könnte man das so nicht machen. Das würde kontrolliert bei Gesetz."

Wochenlange Transporte lassen sich aus den Unterlagen nicht nachweisen. Aber es gibt Aufzeichnungen, die den Verdacht nähren Zootiere seien kreuz und quer durch Europa gefahren worden. So sollen eine Nilgau Antilope und eine Hirschziege aus Belgien über München und Augsburg nach Berlin geliefert worden sein. Dort heißt es drei Tage später: Nilgau, Hirschziege, raus, Zebra rein. In einem Zoogeschäft in Duisburg finden wir dieses Stumpfkrokodil aus dem Berliner Tierpark. Das bedrohte und deswegen geschützte Tier kommt über Werner Bode hierher. Für schlappe 1.100 Euro kann jedermann das Tier mitnehmen. Die Artenschutzbestimmungen hat Bode wahrscheinlich nicht korrekt eingehalten.

Nadine Petersen, Zoo Zajac, Duisburg: "Wenn es da Fragen gäbe in der Haltungsvorgehensweise vorher. Wäre dann wahrscheinlich eine Ordnungswidrigkeit."

Das Zoogeschäft eiert rum, der Berliner Zoodirektor will keine Auskunft geben, weil es sich um interne Geschäftsunterlagen handelt und der Zoo Ascherleben sagt: alle Tiere seien in tierpflegerischen Einrichtungen untergebracht worden. Allein der Rechstberater von PETA sieht Handlungsbedarf.

Edmund Haferbeck, Rechtsberater PETA: "Nach derzeitiger rechtlichen Prüfung sehen wir die Tatbestände der Urkundenfälschung, des illegalen Tierhandels und eventuell des Betruges als gegeben an."

Das muss die Staatsanwaltschaft klären. PETA wird Anzeige erstatten. Der Tierhändler Werner Bode hat bis heute unsere schriftlichen Fragen nicht beantwortet. Übrigens: das Geschäft mit den Zootieren wird vom Steuerzahler subventioniert. Die Zoos dürfen die Tiere umsatzsteuerfrei abgeben, denn der Gesetzgeber will die Verjüngung des Tierbestandes fördern.

Video: 

http://mediathek.ard.de/ard/servlet/content/3510444

 


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