Eisbärin: Pflegern fällt Ablösung von Flocke schwer - Nachrichten Regionales - München - WELT ONLINE

Anmelden | 28. September 2011, 13:47 Uhr

Eisbärin

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Pflegern fällt Ablösung von Flocke schwer

Flocke noch einmal durch das Fell streichen, mit ihr knuddeln und spüren, wie sie an ihrem Ohr schnüffelt viel würde Petra Fritz darum geben, ihrem Eisbären-Zögling noch einmal so nahe zu sein wie noch vor wenigen Wochen. Doch ihre Tierpfleger-Vernunft ruft sie bei solchen Träumereien regelmäßig zur Räson.

„Sie muss mit ihren mehr als 90 Kilo nur Männchen machen und schon liegen wir Menschen flach am Boden“. Schon seit dem vergangenen Herbst beschränkt sich Fritz deshalb aufs Kuscheln durch die stabilen Gitterstäbe von Flockes Stall. Die Ablösung von Flocke, die an diesem Donnerstag (11. Dezember) ein Jahr alt wird, fällt Fritz und ihren drei an der Aufzucht beteiligten Kollegen sichtlich schwer.

Pflegerin von Eisbärin Flocke im Nürnberger Tiergarten
Foto: DPA Die Tierpflegerin Petra Fritz füttert im Tiergarten in Nürnberg durch die Gitter die Eisbärin Flocke

Dabei macht es der kleine Eisbär, der am Jahresanfang Tierfreunde in aller Welt verzückte und Nürnberg einen nie dagewesenen Journalisten-Andrang bescherte, Petra Fritz auch nicht gerade einfach. Flocke zeigt auch als einjährige Bärin eine enorme Anhänglichkeit: Wann immer die 42 Jahre alte Tierpflegerin am Eisbären-Gehege auftaucht, springt Flocke herbei und sucht durch die Gitterstäbe den körperlichen Kontakt zu ihrer Ersatzmutter. „Die kann gar nicht genug schmusen. Die täglichen zehn Minuten sind ihr viel zu wenig. Wenn ich dann weggehe, brüllt Flocke noch eine halb Stunde lang herum“, erzählt die Tierpflegerin. Überraschend sei das Verhalten nicht: „Schließlich ist Flocke mit einem Jahr noch ein Kind. Meistens lösen sich die jungen Eisbären erst mit zwei Jahren vom Muttertier“.

Nürnberger Eisbär
Flocke
Foto: DDP Mit großen Schritten schreitet Flocke auf ihren ersten Geburtstag zu.

So bleibt Petra Fritz nur noch die Erinnerung an die turbulenten Monate, in denen sie das Eisbären-Baby zusammen mit ihren Tierpfleger-Kollegen Stephanie Krüger, Horst Maussner und Harald Hager im Gästezimmer des Tiergarten-Betriebshof aufzog – zunächst mit Milch aus der Flasche, später mit einer angereicherten Welpen- Ersatznahrung. Noch immer erinnert sich die 42-Jährige an die langen Nächte, in den sie an der Seite des kleinen Bären zubrachte. Die Zeit, in der sie die Sorge um Flockes Verdauung umtrieb, nachdem Strohhalme in ihrem Kot entdeckt worden war; die hatte Flocke in der mütterlichen Bruthöhle mit der Muttermilch versehentlich eingesaugt.

Unvergessen bleiben bei Fritz auch die Momente, in denen Flocke nach zwei Monaten ihre ersten Krabbelversuche unternahm unter den Blicken der Weltöffentlichkeit, die auf einer städtischen Internet-Seite fast täglich mit neuen Bildern und Videos versorgt wurde. Ein ganz besonderer Moment sei Flockes erster Ausflug in einem abgeschirmten Außengehege gewesen. „Als sie das erste Mal den Himmel gesehen hat, hatte sie erst einmal Angst und verkroch sich zwischen meinen Beinen. Nach ein paar Stunden ist sie jedoch wie ein aufgedrehter Frosch rumgetobt und ausgeflippt“, erinnert sich die Flocke-Ersatzmutter.

Für Petra Fritz steht jedenfalls fest: „Das war das aufregendste und turbulenteste Jahr während meiner 26 Jahre als Tierpflegerin“ nicht nur wegen der Aufzucht von Flocke, sondern wegen des Medieninteresses. „Das Problem war: wir wurden praktisch ins kalte Wasser geworfen und hatten plötzlich Live-Interviews geben müssen. Das haben wir nie gelernt. Wir sind doch keine Filmstars“, erzählt die verheiratete Mutter eines acht Jahre alten Sohnes. Allein am 8. April, als Flocke erstmals im Eisbären-Gehege live der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, hatten sich 430 Journalisten auf einer eigens errichteten Tribüne am Aquapark versammelt.

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Die Dauerpräsenz in den Medien sei zwar anfangs noch spannend gewesen, habe sich aber nach ein paar Wochen zur regelrechten Last für Petra Fritz entwickelt. „Was genervt hat, dass jeder Dein Gesicht und Deinen Namen gekannt hat“. Ein Einkauf in ihrem Nürnberger Wohnquartier, dem Stadtteil Zerzabelshof, sei bald zum Spießrutenlaufen geworden: „Jeder hat einen angequatscht und gefragt, wie` s Flocke geht?“ Besonders schlimm seien anfangs die Unflätigkeiten gewesen, mit denen sie bald in Briefen und Gästebucheinträgen konfrontiert wurde. Inzwischen habe sie sich ein dickes Fell zugelegt. Bei der Frage, ob sie sich ein zweites Mal auf ein solches Aufzucht-Abenteuer einlassen würde, zögert Fritz dennoch: Bei ihrem Einsatz als Flocke-Ersatzmutter sei einfach ihr eigener Sohn ziemlich kurz gekommen.

dpa

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