DDR-Vergangenheit : Verfassungsschutz: NVA-Verein ist harmlos

  • Aufmarsch der Geister: Etwa 100 NVA-Veteranen, ausstaffiert wie zu alten DDR-Zeiten, kamen zu dem Treffen am Samstag im Tierpark zusammen. Zooleitung, Politiker und Verbände... - Foto: Berliner Kurier
  • Die Party fand in der Caféteria im Tierpark in Friedrichsfelde statt, die von einem privaten Pächter betrieben wird. - Foto: Berliner Kurier
  • Gefeiert wurde das 55-jährige "Jubiläum" der Nationalen Volksarmee. - Foto: Berliner Kurier

Der Tierpark präzisiert nach dem NVA-Veteranentreffen seine Richtlinien und distanziert sich von den Veranstaltern. Der Berliner Verfassungsschutz hält den NVA-Traditionsverband aber für legal und unbedenklich.

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Auf der Internetseite des Tierparks steht, dass die Cafeteria „jederzeit gern“ für „Veranstaltungen jeder Art“ zur Verfügung stehe. Jubiläen sind ausdrücklich genannt. Ein solches hat, wie berichtet, der „Traditionsverband Nationale Volksarmee“ am Sonnabend gefeiert: das 55-jährige der DDR-Armee. Festredner war der wegen der Mauertoten inzwischen vorbestrafte Verteidigungsminister Heinz Keßler; eine DDR-Fahne zierte sein Rednerpult. Am Montag nach dieser Jubiläumsfeier möchte die Mitarbeiterin der Cafeteria „absolut gar keine Auskunft“ geben.

Dafür spricht Tierpark-Geschäftsführerin Gabriele Thöne: Aus Leitbild und Satzung von Zoo und Tierpark ergebe sich klar, dass die Systemträger einer Diktatur hier keinen Platz für ihre Veranstaltungen bekommen dürften.

Deshalb seien sowohl der Betreiber des Restaurants als auch ein Tierpark-Mitarbeiter abgemahnt worden. Für die Zukunft werde man die Anweisungen noch einmal präzisieren. In allen Zweifelsfällen müsse künftig vorab der Vorstand gefragt werden.

Da die Cafeteria laut Thöne eine umsatzabhängige Pacht zahlt, profitiert der Tierpark finanziell wohl sogar von der Veteranenparty. Aber, sagt Thöne, vor dem Geld komme die Würde der Institution.

Der NVA-Traditionsverband, der den Mummenschanz veranstaltet hat, ist nicht nur legal, sondern aus Sicht des Berliner Verfassungsschutzes auch ungefährlich. Im Jahresbericht wird er nicht erwähnt. Laut Selbstdarstellung will der Verein „fortschrittliche deutsche Traditionen“ pflegen und zählt dazu auch den „Aufbau einer wehrhaften antifaschistisch-demokratischen, sozial gerechteren Gesellschaftsordnung“. Aber das ist aus Sicht der Verfassungsschützer nicht wirklich umstürzlerisch. Als entscheidendes Beobachtungskriterium gilt die Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. So viel Schlagkraft traut die Behörde der Veteranentruppe nicht zu.

Der NVA-Verein ist einer von vielen, die die finsteren Seiten der DDR ins rechte Licht zu rücken versuchen. In einem Bericht fürs Abgeordnetenhaus widmet sich der Verfassungsschutz vier weiteren: Die „Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde“ wird als Biotop beschrieben, in dem die DDR- Elite ihre alte Sicht auf die Welt pflegt. Ähnliche Geschichtsklitterung betreibe die „Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung“. In einem „Insiderkomitee“ entlasteten sich ehemalige Stasi-Leute moralisch. Und eine „Initiativgemeinschaft“ bemüht sich in erster Linie darum, Staatsbeschäftigten und Mittätern – vor allem Stasi-Leuten – ohne Abstriche die Renten zu sichern.

Für ihre politischen Forderungen versuchen diese Gruppen die Linkspartei zu benutzen, aber deren Landeschef Klaus Lederer winkt ab: „Mit denen haben wir nichts zu tun.“ Parteisprecher Thomas Barthel sagt, dass keine fragwürdigen Nostalgievereine als Gruppen aktiv seien, sondern nur in Gestalt einzelner Mitglieder.

Jörg Schönbohm (CDU), der als Heeresinspekteur im Bundesverteidigungsministerium an der Eingliederung der NVA in die Bundeswehr beteiligt war, sieht den Traditionsverein als reine Altkaderwelt. Da Generäle ohnehin nicht übernommen worden seien und andere höhere Dienstgrade nur eingeschränkt, habe die Bundeswehr nach seinem Eindruck nach der Wende kein Revanchismusproblem gehabt. Rainer Wagner, der als Bundeschef den Dachverband der SED- und Kommunismus-Opfer vertritt, bezeichnet das Stasi-Komitee als „besonders giftig“ und die Initiativgemeinschaft wegen ihrer deutlich fünfstelligen Mitgliederzahl als besonders einflussreich.

Von der Linkspartei haben sich die meisten alten Kader ebenso entfremdet wie vom „Neuen Deutschland“. Stattdessen wird eher „Junge Welt“ gelesen und Keßler ist Mitglied der DKP.

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