BERLIN

06.12.2010 | Berlin
Alte Debatte angeheizt: Braucht Berlin zwei Zoos?
Der Zoo im Westteil Berlins hat dank Eisbär Knut keine Geldsorgen. Der Tierpark im Ostteil hingegen schreibt ordentlich Verluste. Gut 20 Jahre nach der deutschen Einheit ist die Tierparkdebatte neu entfacht.
Braucht Berlin zwei Hauptstadtzoos? Die Millionenverluste des Tierparks Berlin-Friedrichsfelde im Ostteil und die auch dank Eisbär Knut hohen Gewinne des Zoologischen Gartens haben den seit der Wende mehrmals ausgebrochenen Streit wieder angeheizt.
Der Direktor beider Anlagen, Bernhard Blaszkiewitz, appellierte am Montag an die Politik und in der Folge an die Steuerzahler: «Berlin muss die Existenz beider Zoos nicht als doppelte Belastung, sondern als Chance sehen». Die mehr als drei Millionen Besucher im Zoo und die eine Million Gäste im Tierpark würden belegen, dass «die Anlagen eine der wenigen guten Früchte der Teilung» seien. Ähnliches gelte auch für die Theaterlandschaft mit Attraktionen in beiden Teilen der Hauptstadt.

Unterstützung wird der Zoochef vom früheren Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen erhalten. Der CDU-Politiker wird laut «Berliner Morgenpost» den Vorsitz einer Stiftung zur dauerhaften Sicherung beider Zoos übernehmen. «Ihre Existenz ist sehr wichtig für Berlin», sagte Diepgen am Montag. Es brauche besondere Maßnahmen, um die Attraktivität des
Tierparks zu erhöhen. In der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass in diesem und im kommenden Jahr beim Tierpark bis zu drei Millionen Euro Verlust entstehen. Großer Gewinner der Szene ist der Zoo im Westteil mit einem Umsatz aus Eintrittskarten von rund 14,5 Millionen Euro, während es der Tierpark nur auf knapp vier Millionen Euro bringt.

Bei seiner Förderung aus Steuergeldern reagiert der Senat darauf und sichert das Überleben des Tierparks im Jahr mit rund 8 Millionen Euro Zuschuss. Der Zoo erhält nur etwa 2 Millionen Euro. Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus hatte die Missverhältnisse bei Besucherzahlen und Förderung zum Anlass genommen, den Zoo-Chef und Senat zu grundlegenden Veränderungen im Tierpark aufzufordern. Der Landschaftszoo im Ostteil müsse attraktiver als Themen- und Spaßpark für Familien werden. Außerdem müsste in beiden Zoos die Zahl der Tiere schrumpfen. Berlin biete unnötigerweise viel zu viele Tierarten doppelt an, was zusätzlich Geld verschlinge, sagte die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling.
Dem hielt Blaszkiewitz bei der Vorstellung seines neuen Buches («Ein Zoodirektor auf Reisen») die Tradition und das Konzept der «klassischen Zoos» entgegen. Blaszkiewitz sagte: «Tiere halten und den Menschen zeigen, das ist der eigentliche Zweck». Bei der Debatte um moderne Themen- und Spaßparks dürften «nicht die Tiere ersetzt werden».

Indirekt gab Blaszkiewitz erneut zu erkennen, dass ihm der anhaltende Rummel um Eisbärstar Knut (seit Sonntag 4) fremd geblieben ist. Sein Buch mit Beschreibungen von 25 Zoos weltweit enthält nur einen Satz «Hier kam 2006 auch Knut zur Welt!» und kein Bild über den Publikumsmagneten und Geldbringer des Zoologischen Gartens.
Die öffentliche Debatte um die Kritik an der Tierhaltung - im Zentrum Knut - sowie wiederholte Rücktrittsforderungen scheinen dennoch Wirkung zu haben. Erstmals in dieser Form wandte sich Blaszkiewitz an die Presse: «Schreiben Sie nicht immer, was für ein böser Mensch der Zoo-Direktor ist. Ich kann mir nicht jedes Jahr einen Finger abreißen lassen, um eine gute Presse zu erhalten.» Ein Schimpanse hatte Blaszkiewitz im Sommer 2009 einen Zeigefinger abgebissen.
Quelle: dpa
Tierpark Friedrichsfelde: www.tierpark-berlin.de
Zoologischer Garten: www.zoo-berlin.de

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