Eigentlich hatte der Tiergarten gehofft, für «Yvonne» ein alleinstehendes, zuchtunfähiges Weibchen zu finden. Nach erfolgloser Suche stießen die Franken auf den Zoo in Rostock: Dort lebt, zusammen mit einem jüngeren Weibchen, eine betagte 45-jährige Elefantenkuh. Nürnberg und Rostock haben dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) in Wien nun einen Vorschlag gemacht: «Yvonne» soll nach Rostock umsiedeln und der älteren Elefantenkuh Gesellschaft leisten. Die jüngere Kuh zieht um in einen anderen Zoo, in eine Zuchtgruppe. In den nächsten drei Wochen nehmen Elefantenpfleger aus Rostock «Yvonne» unter die Lupe.
Gestern ist der erste von insgesamt drei Pflegern in Nürnberg angekommen. Sie alle prüfen, ob sich die fränkische Elefantin mit ihrer potenziellen Gefährtin im Osten gut vertragen würde. Spätestens im Sommer fällt die Entscheidung.
Tiergarten-Chef Dag Encke hofft inständig, dass die einsame «Yvonne» den Schmausenbuck verlassen wird. Falls die Rostocker ablehnen sollten, «haben wir ein dickes Problem», sorgt sich Encke. «Sie ist ja schon ein halbes Jahr allein. Dann befinden wir uns in einer Zwickmühle.» Nürnbergs zweite Elefantenkuh «Kiri» war im letzten August nach einem Sturz eingeschläfert worden.
In das leere Gehege kommt danach neues Leben. Möglicherweise ziehen zwei Jungbullen im Flegelalter ein: rund fünfjährige Männchen. Sie sind nämlich so lebhaft, dass sie aus einer Herde ausgegliedert werden müssen. In Nürnberg könnten sie bleiben, bis sie zehn Jahre alt sind und als Zuchtbullen eingesetzt werden.
Zweite Option: Der Tiergarten nimmt zwei junge, sterile Kühe auf. «Die würden einige Jahre bei uns bleiben, bis sie wieder in eine bestehende Herde übernommen werden können», erklärte Encke.
«Das sieht scheußlich aus»
Voraussetzung sei, dass die Pfleger in Nürnberg auf das System «protected contact» umstellen. Im Unterschied zu der jetzt angewendeten Methode «hands on» - hier steht der Pfleger ungeschützt dem Elefanten gegenüber - trennt ein massives Gitter Mensch und Tier. «Das sieht scheußlich aus», gibt Encke zu.
Bis zum Auszug der dickhäutigen «Zwischenmieter» in rund fünf Jahren will der Tiergarten an einem Gesamtkonzept feilen: Wie sollen asiatische Elefanten, Panzernashörner und Schabrackentapire in Zukunft am Schmausenbuck leben?
Eine Komplettlösung bietet sich an, weil diese Tiere ganz ähnliche Haltungsanforderungen haben, erklärt Dag Encke. So brauchen alle drei Arten zum Beispiel ein Badebecken. Er betont: «Das Platzkonzept darf den Tiergarten nicht verschandeln, der Landschaftscharakter muss erhalten bleiben.» Letztlich müsse der zuständige Kulturausschuss entscheiden. Am Ende der Überlegungen könne aber auch das Ergebnis stehen, «dass wir auf Elefantenhaltung verzichten», sagt Dag Encke.
Die SPD-Stadtratsfraktion hat unterdessen angekündigt, alle Lösungen mitzutragen, «um kurz- oder mittelfristig wieder Elefanten» im Nürnberger Tiergarten zu zeigen. Und die FDP erklärte gestern in einer Mitteilung: «Ein Tiergarten ohne Elefanten ist ebensowenig denkbar wie Nürnberg ohne Bratwürste und Lebkuchen.»
