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Yvonne - einsam und geliebt

Nürnbergs letzter Elefant - 15.03.08

Früher einmal war sie ein majestätisches Tier: die afrikanische Elefantenkuh Yvonne. Heute, mit über 40 Jahren auf dem Buckel und nur noch einem Stoßzahn im Maul, ist nicht mehr viel übrig von der einstigen Pracht. Trotzdem lieben die Tiergartenbesucher Yvonne. Viele, die im Elefantenhaus oder am Freigehege stehen und sie beobachten, empfinden Mitleid: «Ich find’s nicht schön, dass sie ganz allein ist», meint ein kleiner Steppke. «Gell, du trauerst deiner Kiri immer noch nach», überlegt eine alte Dame, die bei ihren häufigen Runden im Zoogelände die Elefanten nie auslässt.


Elefantenpfleger Denny Brechlin aus Rostock kommt mit Yvonne gut zurecht. Das Abduschen mit Wasser gehört zum täglichen Programm.
Elefantenpfleger Denny Brechlin aus Rostock kommt mit Yvonne gut zurecht. Das Abduschen mit Wasser gehört zum täglichen Programm.
Foto: Gerullis

Seitdem die indische Elefantin Kiri im August 2007 eingeschläfert wurde, ist Yvonne einsam. Ob sie die langjährige Gefährtin jemals vermisst hat, bleibt trotzdem zweifelhaft. Denn so richtig «dicke» waren die beiden eigentlich nie miteinander. Ihre Beziehung glich mehr einer langjährigen Ehe: Sie hatten sich aneinander gewöhnt und ertrugen einander. Gleichwohl heißt Yvonnes Einsiedler-Dasein niemand gut. Deshalb sucht die Tiergartenleitung seit Monaten nach einer Lösung.

Die zeichnet sich nun ab: Yvonne wird nach Rostock umziehen. Denny Brechlin ist bereits der dritte Elefantenpfleger, der für eine Woche aus dem Tierpark an der Ostsee zum Schmausenbuck gekommen ist, um Bekanntschaft mit der betagten Elefantenkuh zu machen, auszuprobieren, ob die Chemie zwischen ihm und ihr stimmt und ob man auch miteinander arbeiten kann. «Mein Eindruck von ihr ist ganz gut», meint er. «Ich versuche, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, und wir kommen schon gut zurecht.» Beispielsweise duscht er den Dickhäuter täglich und begleitet ihn vom Elefantenhaus zur Freianlage und zurück.

«Ich hoffe, Yvonne verkraftet die Veränderung, wenn sie nach Rostock kommt», sagt Brechlin. Immerhin: Sie braucht dann nicht mehr den wegen Fehlstellung ihres rechten Hinterbeins für sie sehr beschwerlichen Weg zwischen Haus und Freigelände zurückzulegen. «In Rostock sind Innen- und Außenbereich auf einer Ebene, da muss sie nicht mehr den Berg rauf», so der Pfleger. Außerdem können die Rüsseltiere dort tagsüber frei wählen, wo sie sich aufhalten wollen und ganz nach Lust und Laune zwischen innen und außen wechseln. Das Haus hat laut Brechlin etwa die gleiche Größe wie das in Nürnberg, das Freigelände werde derzeit erweitert.

Yvonne muss sich im hohen Alter nicht mehr vom ungeschützten Umgang mit ihren Pflegern auf gesicherten Kontakt umstellen: In Rostock will man an der direkten Tuchfühlung festhalten. Schließlich hat die graue Eminenz auch keinen Zoo zu befürchten, der - etwa wie in Frankfurt - mitten in der Stadt liegt und wo der Verkehrslärm hindringt. «Der Zoologische Garten liegt in einem Waldgebiet am Stadtrand», beschreibt Brechlin die Einrichtung. Mit Elefantenhaltung hat man dort viel Erfahrung: Seniorin Sara, eine schon 46 Jahre alte Afrikanerin, lebt schon immer in dem Tierpark. Sie wird wohl als einzige Yvonne Gesellschaft leisten, da die zweite, noch jüngere Elefantenkuh anderswohin zur Zucht abgegeben wird.

Die vielen fränkischen Elefantenfans müssen nach Yvonnes Abreise an die Ostsee aber keine elefantenlose Zukunft im Tiergarten befürchten. Für eine zur modernen Haltung einer Gruppe geeignete große Halle ist zwar weder Geld noch Platz da. Aber es geht auch eine Nummer kleiner. Tiergartendirektor Dag Encke möchte sogenannte Flatliner-Kühe nach Nürnberg holen: Elefantinnen, die keinen Zyklus haben. Das kann krankheitsbedingt oder durch bestimmte soziale Situationen der Fall sein.

Von der zunächst angestrebten Variante, der Haltung junger Elefantenbullen, ist Encke wieder ein Stück abgerückt: «Der Koordinator des Europäischen Erhaltungszucht-Programms für Elefanten hat vor dieser Lösung gewarnt.» Solche Tiere sind sehr stark, oft echte Rowdies und müssen bei Eintritt der Geschlechtsreife wieder abgegeben werden. Nicht immer wollen oder können Zoos, aus denen solche «Halbstarken» stammen, sie später wieder zurücknehmen.

Mehr als ein erwachsener Bulle pro Herde ist einer zu viel. Wer nicht auf einem «grauen Riesen» sitzen bleiben will, dem könnte viel bürokratischer Aufwand drohen, um ihn wieder loszuwerden. 



Ute Wolf




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