Der eine oder andere Leser wird sich noch erinnern: Im September letzten Jahres starb das Gepardenweibchen Lulu im Tiergarten an FSE (Feline spongiforme Enzephalopathie), auch als «Katzenwahnsinn» bezeichnet. Lulu war der erste bekanntgewordene FSE-Fall in Deutschland. Mit FSE angesteckt hatte sie sich offenbar in einem Tierpark in den Niederlanden, von dem aus sie nach Nürnberg gelangt war. Die Inkubationszeit bei FSE kann mehrere Jahre betragen, dem betroffenen Tier ist dabei nichts anzumerken. Vor ihrer Erkrankung hatte Lulu eineinhalb Jahre im Tiergarten gelebt. Mehrmals war sie von Turbo gedeckt worden - leider erst im vergangenen Jahr erfolgreich. Die Gepardendame war tragend, als man sie wegen der schweren, durch FSE hervorgerufenen zentralnervösen Störungen einschläfern musste. Von weiteren derartigen Krankheitsfällen in Zoos ist bis heute nichts bekannt.
Die schnellsten Raubkatzen der Welt
Geparden sind die schnellsten Raubkatzen der Welt. Sie schaffen bis zu 120 Stundenkilometer und halten damit den Geschwindigkeitsrekord unter den Säugetieren. Als Zootiere sind sie äußerst beliebt. Ihre Nachzucht in Gefangenschaft gilt als nicht ganz einfach, aber in Nürnberg ist sie schon mehrmals geglückt. Zuletzt im Jahr 2000, als gleich vier Junge zur Welt kamen. Eines der Babys, ein Mädchen, war ein «Königsgepard»: Durch eine entsprechende genetische Veranlagung der Eltern bilden sich nicht die für Geparden typischen Punkte im Fell, sondern lange, schwarze Streifen auf dem Rücken und dunkle Flecken an den Seiten.
Der vierköpfige Nachwuchs von damals wurde in andere Zoos abgegeben. Die Mutter der Vierlinge, Duma, ist inzwischen gestorben, ebenso wie Dani, die mit über 15 Jahren für einen Geparden ein begnadetes Alter erreicht hat. Mit Kater Turbo und Lulu wollte man am Schmausenbuck eigentlich an frühere Zuchterfolge anknüpfen. Deshalb hält man nach einem neuen Weibchen als Ersatz für Lulu Ausschau.
Der Tiergarten kann in diesem Fall nicht von sich aus auf Partnersuche gehen, denn die Gepardenhaltung in Zoos wird europaweit über das Europäische Erhaltungszucht-Programm (EEP) gemanagt. Deshalb hat der stellvertretende Tiergartendirektor Helmut Mägdefrau Kontakt zum EEP-Koordinator für Geparden aufgenommen. Bei dem laufen alle Daten aus europäischen Zuchtbüchern über diese Raubkatzenart zusammen. Er hat den Überblick, wo Tiere gesucht werden und welcher Zoo welche abzugeben wünscht. Bei der Vermittlung von Tieren achtet er außerdem darauf, dass die künftigen Partner genetisch und altersmäßig zusammenpassen.
Derzeit werden in 80 europäischen Zoos rund 380 Geparden gehalten. Für Turbo hat der Koordinator schließlich im «Fota Wildlife Park» von Cork in Irland ein passendes Weibchen gefunden, das im Juli 2006 geboren wurde. Beide Zoos haben daraufhin Verbindung miteinander aufgenommen.
Das Ergebnis war positiv: Die Gepardendame kann nach Nürnberg kommen. Dass sie noch nicht da ist, daran ist hauptsächlich die Bürokratie schuld: In den vergangenen Monaten haben die Iren verschiedene artenschutzrechtliche Genehmigungen eingeholt, die häufig länger auf sich warten lassen, als es den Beteiligten lieb ist.
Um die Zwischenzeit zu nutzen, haben die Nürnberger Zootierärzte die Verantwortlichen des Fota Wildlife Parks gebeten, das Gepardenweibchen auf Krankheiten zu untersuchen, die bei Raubkatzen häufig vorkommen, zum Beispiel Leukose, Katzenaids, Herpes-Viren und Bauchfellentzündung.
Sobald die notwendigen Papiere aus den Behörden da sind, kann sich Helmut Mägdefrau um den Tiertransport kümmern: «Wir arbeiten in solchen Fällen mit verschiedenen Privatfirmen zusammen, die viel Erfahrung auf dem Gebiet haben.» Mägdefrau ist zuversichtlich: Turbo wird im Herbst seine neue Gefährtin zum ersten Mal beschnuppern können. Dann heißt es, Daumen drücken, dass zwischen den beiden auch die Chemie stimmt . . .
