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Spezialtransport für Flocke und Rasputin

Die beiden Eisbären haben die Reise nach Südfrankreich angetreten - 23.04.10

Nürnberg  - Es war eines der bestgehüteten Geheimnisse aller Zeiten im Tiergarten: Der Zeitpunkt, an dem Flocke mit ihrem Freund Rasputin nach Südfrankreich abreist. Presserummel, Besucherandrang und damit Stress für die beiden Eisbären-Teenager wollte man vermeiden. Und so trieben Spekulationen und Gerüchte in den letzten Tagen seltsame Blüten. Dabei ist es eigentlich egal, wann der Flocke-Transport über die Bühne geht. Wichtig ist nur, dass alles klappt. Dafür sorgt einer der erfahrensten Tier-Transporteure der Welt: Peter Bößenecker aus Nürnberg.


In den letzten Tagen vor dem Transport nach Antibes tollten Flocke und Rasputin wie immer ausgelassen durch ihre Anlage. Auch direkt vor der Abreise zeigten sie keine Nervosität: Rasputin hielt gestern Nachmittag ein Schläfchen.
In den letzten Tagen vor dem Transport nach Antibes tollten Flocke und Rasputin wie immer ausgelassen durch ihre Anlage. Auch direkt vor der Abreise zeigten sie keine Nervosität: Rasputin hielt gestern Nachmittag ein Schläfchen.
Foto: Gerullis

Schon Wochen vor Flockes Reiseantritt hat Bößenecker die Spezialkisten für die zwei Eisbären in den Tiergarten gebracht. Sie wurden in der Schleuse zum Stall aufgestellt, damit sich Flocke und Rasputin schon einmal daran gewöhnen konnten. Die beiden haben das Einsteigen in die Metallkäfige fleißig geübt.

Gestern Nachmittag war es dann so weit: Ab in die Kisten und rein ins Auto! Auch die vertrauten Pfleger, die Flocke als Baby hochgepäppelt haben, waren zur Stelle. Mit einem kleinen Trick kann man Flocke und Rasputin locken: Ein wenig Mayonnaise oder Lebertran wirken Wunder. »Die Tiere werden nicht betäubt«, sagt Bößenecker. Das ist nach den Richtlinien für den Transport lebender Tiere auch gar nicht erlaubt; die Verletzungsgefahr wäre viel zu groß.

Die zwei Kisten müssen groß genug sein, dass sich Flocke und Rasputin bequem hinlegen und umdrehen können. »Dazu setzen sie sich erst auf den Hintern, dann drehen sie sich um«, erläutert Bößenecker. Beide Boxen passen hintereinander in das speziell ausgerüstete Auto, das in Deutschland einzigartig ist und das die Tiere über Nacht in den Meeresthemenpark »Marineland« nach Antibes an der Côte d’Azur bringt: Durch eine Luft-Absaug-Vorrichtung lässt sich der gut isolierte Wagen sowohl kühlen als auch heizen. »Die Temperatur darf nicht höher als 15 Grad im geschlossenen Raum sein, sonst droht ein Kreislaufkollaps«, erklärt Bößenecker. Im Fahrzeug, dessen Innenraum während des Transports halbdunkel gehalten wird, gibt es eine Videoüberwachung: »Da können wir sehen, wie die Tiere sich verhalten und im Notfall telefonieren oder den nächsten Zoo anfahren.«

In den mehr als 30 Jahren, in denen Bößenecker weltweit Tiere transportiert, musste er nur ein einziges Mal den Tierarzt eines anderen Zoos in Anspruch nehmen – als er einen Löwen für einen spanischen Zoo im Auto hatte. Der aus Nürnberg stammende Tiertransporteur hatte schon die unterschiedlichsten Fahrgäste aus allen möglichen Zoos »an Bord«, darunter wesentlich anspruchsvollere als Flocke und Rasputin: Guyana-Delfine, Seekühe, Seelöwen, Antilopen, Pferde, Zebras, Geparden und verschiedene Vogelarten. »Bei Delfinen oder Seekühen fährt üblicherweise ein Tierarzt mit.« Im Fall von Flocke und Rasputin ist das nicht nötig. Bößenecker wechselt sich mit einem anderen Fahrer ab. Und drei der vier »Zieheltern« von Flocke folgen mit einem zweiten Auto: Petra Fritz, Steffi Krüger und Harald Hager. Horst Maußner – »Maußi« – nicht: Er ist mittlerweile für das Revier am Raubtierhaus zuständig.

Ursprünglich ist Peter Bößenecker Lehrer: Er hat am Nürnberger Johannes-Scharrer-Gymnasium Geschichte und Sport unterrichtet. Das war dem Mann, der sich selbst als »Abenteurer« einschätzt, aber bald zu langweilig. Deshalb warf er den Job hin, reiste erst durch die Welt, wurde 1970 Delfintrainer, später dann Tiertransporteur.

Er lebt jetzt auf Teneriffa und in Spanien, zeitweise auch in den Niederlanden. Polyglott, wie er ist, spricht er (außer Deutsch) Englisch, Spanisch, Französisch, Holländisch und Katalanisch. Das Erfolgsrezept für seinen Beruf verrät er gern: »Man muss Emotionen ausschalten, denn man arbeitet mit den Tieren.« 



Ute Wolf




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