Bald will er nur noch beißen, nicht mehr spielen
15. Juni 2007 2007-06-15 06:00:00
Tiere haben mit dem Altern ein ähnliches Problem wie Menschen. Eisbär Knut ist da ein wunderbares Beispiel. Er ist kein allseits geliebter Medienstar mehr, denn klein und knuddelig war er mal. Die Kinder, aber auch Erwachsenen, sahen in ihm ein lebendes Kuscheltier, mit dem kein Steiff-Exemplar mithalten kann. Sie kamen zu Hunderttausenden, um das weiße Wollknäuel zu sehen. Nur anfassen durften die Zoobesucher ihn nicht, das war seinem Pfleger Dörflein vorbehalten, der nach wie vor sich mit und für Knut in den Dreck wirft, um seiner Rolle als treuer Ziehvater gerecht zu werden.
Je älter und erwachsener nun Knut wird, desto untreuer und uninteressierter werden seine Fans sein. Kinderstars etwa passiert dies auch, wenn der Stimmbruch kommt und die Pickel gehen. Beim gerade mal halbjährigen Knut stehen jetzt schon keine langen Schlangen mehr an, nur noch am Gehege drängelt man sich um die besten Plätze. Der Berliner Eisbär wirkt immer weniger hilflos, er schläft ohne Pfleger und schwimmt bereits mit Geschick. Seine menschlichen Spielkameraden beißt er schon mal in Fuß oder Ohr. 33 Kilo wiegt er mittlerweile, das ist in etwa das Gewicht eines mittelgroßen Hundes.
Den gleichgewichtigen Tierkollegen ergeht es ähnlich wie Eisbären: Wenn sie noch neugierig mit ihren großen Pfoten und wackelnden Ohren durch die Gegend tapsen, findet sie jeder Fußgänger goldig. Sind die Kläffer erwachsen, fürchten sich die meisten vor ihnen und beginnen sie zu hassen, wenn sie in ihren Kot treten. Hundebesitzer setzen hin und wieder auch mal ihr zu groß gewordenes Spielzeug an der Autobahnraststätte aus, weil sie keine Lust mehr auf ihr Tier haben. Ein übles Schicksal, das man keinem Tier wünscht. Auch nicht Knut.
Wie so oft kommt aus Japan nun eine Innovation, die Rettung verspricht. In der Nähe von Tokio wird an diesem Freitag das erste Altersheim für Hunde eingeweiht. Wer seine Senioren unterbringen will, muss umgerechnet rund 650 Euro monatlich zahlen. Das erspart zum einen die Fahrt zur Autobahnraststätte und zum anderen die Quälerei mit schwachsichtigen, faulen und fressenden Hunden. In dem Seniorenheim leben die Hunde wie Menschen: Es gibt warme Mahlzeiten, herzliche Betreuung und speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Bewegungstherapien.
Noch sind die Plätze rar im Hundeseniorenheim: lediglich 20 Alte können aufgenommen werden. Dabei wird es nicht bleiben. Der Vertreter des Unternehmens Soladi, das gemeinsam mit einer Tierklinik den Ruhesitz für Hunde betreibt, sieht genügend Potential in der Geschäftsidee: Haustierhalter haben oftmals Probleme, ihre betagten Lieblinge zu pflegen, weil sie den gesamten Tag über arbeiten. Deswegen will Soladi in den nächsten drei Jahren in ganz Japan sieben weitere Hundehäuser aufmachen. Die Japaner seien sehr hundelieb.
Also, lieber Thomas Dörflein, wenn Knut bis zu drei Meter groß sein wird, also richtig erwachsen ist, und er beim Spielen ihnen versehentlich mal einen Arm oder ein Bein abreißen könnte, informieren sie sich besser vorher nach einem Seniorenheim für Eisbären. In Deutschland natürlich. Sollte hierzulande noch kein ehemaliger Berliner Zoo-Besucher auf diese Geschäftidee gekommen sein, bringen sie Knut nach Japan und tarnen sie ihn als Schlitten-Hund. Schön weiß ist er ja schon. Und beißen kann er auch.
Knut - es kann nicht nur einen geben! Auch andere Tiermütter haben knuddelige Babys. Ebenso verdient Menschliches abseits der großen Geschehnisse manchmal unsere Aufmerksamkeit. Nicht nur Ereignisse wie ein Besuch im Berliner Zoo können ans Herz gehen. FAZ.NET wird daher in loser Folge so lange den Knut des Tages ausrufen, bis der kleine Eisbär erwachsen geworden ist. Dann - und nur dann - könnte er sogar selbst zum Knut des Tages werden.
Text: @made / FAZ.NET
Bildmaterial: AP, FAZ.NET
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