Kommende Woche beraten Europas Zoodirektoren bei ihrer Jahrestagung darüber, wie es mit 31 Sibirischen Tigern weitergehen soll: Welches Tier darf weiterleben, welches wird getötet?
Es geht oft grausam zu in der freien Natur, aber auch die Realität in den Zoos ist wenig idyllisch. Oft werden mehr Tiere geboren, als dort leben können. Die überzähligen Tiere müssen getötet werden, wenn sich dafür kein „Abnehmer“ findet.
Gegen den Magedeburger Zoodirektor Kai Perret ermittelt der Staatsanwalt, weil er drei Tigerbabys totspritzen ließ. Grund: Sie waren keine echten Sibirischen Tiger. Ihr Vater Taskan war nicht reinrassig, wie ein DNA-Test ergab. Dadurch droht jetzt auch Taskan der Tod – und 30 seiner Verwandten!
Im Mai hatten Tierschützer den Magdeburger Zoodirektor, der die Taskan-Babys töten ließ, angezeigt. Das Tierschutzgesetz verbietet das Töten eines Wirbeltieres „ohne vernünftigen Grund“.
Aber was ist „vernünftig“? Wissenschaftlich geführte Zoos betreiben Zucht, um vom Aussterben bedrohte Arten zu erhalten, und die Zucht braucht Platz. Stefanie Elsner vom Verband „Menschen für Tierrechte“: „Platzmangel im Zoo ist jedenfalls kein vernünftiger Grund, ein Tier zu töten.“
Man stelle sich vor, Knut wäre totgespritzt worden, weil er nicht reinrassig ist!
Einerseits wollen Zoos Tierbabys haben, weil sie „süß“ sind und Besucher anziehen. Andererseits leben Tiere im Zoo länger als in freier Wildbahn, weil es keinen Nahrungsmangel, kaum Krankheiten und keine Fressfeinde gibt. Dadurch können sie auch mehr Nachwuchs zeugen als nötig. Und die Tierbabys sind im Zoo nicht den Gefahren ausgesetzt, denen viele in der freien Natur bereits kurz nach der Geburt zum Opfer fallen – Hunger, Kälte, Raubtiere, Verwaisung.
Viele Zoos schlachten alte oder überzählige Tiere fachgerecht und verfüttern sie abends an ihre Raubtiere und Aasfresser. Nach EU-Recht verboten, es sei denn, es handelt sich um „Haustiere“. Tiermediziner Prof. Jörg Luy, der in Berlin den einzigen deutschen Uni-Lehrstuhl für Tierschutz innehat, nennt in der „Zeit“ dieses Gesetz „völlig überzogen“.
Was tun? Die Zoos, die keine Wildtiere fangen lassen dürfen, sind auf Zucht angewiesen und haben sich die Zuchtaufgaben international geteilt. Zuchtkoordinatoren regeln, wer wo welche Art für die Nachwelt erhält. Reinrassig. Dafür ist genügend Nachwuchs erwünscht, aber nicht zu viel. Fachbegriff: aktives Populationsmanagement.
Drei Möglichkeiten, Übervölkerung im Zoo zu vermeiden:
1. Überzählige Tiere weggeben. Aber wohin mit „schwierigen“, großen, unattraktiven Tieren?
2. Geburtenkontrolle. Aber nicht alle Tiere vertragen die Pille. Manche Arten vertragen Sterilisierung und Kastration nicht.
3. Töten und entsorgen oder schlachten und verfüttern.
Was den 31 Sibirischen Tigern droht? Die Zoodirektoren müssen es bald entscheiden.