So geheim wurde in Berlin wohl noch nie über ein Bauprojekt beraten. Obwohl in der Stadt seit Jahren bekannt ist, dass die Great Berlin Wheel GmbH & Co. KG auf dem Gelände des Zoo-Wirtschaftshofs Europas größtes Riesenrad errichten will, möchte sich derzeit niemand offiziell dazu äußern. Nach Informationen der Berliner Zeitung hat sich Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher im Baukollegium – das Gremium wurde von ihr installiert und ist mit prominenten Architekten besetzt – das Riesenrad gleich als erstes Projekt am Mittwoch vorgenommen.
Das Thema ist brisant. Denn die Investoren haben die Konstruktion des Riesenrades verkleinert. Ihre Begründung: die weltweit explodierenden Stahlpreise. Statt 185 Meter soll „Berlins neues Wahrzeichen“, wie es der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) noch im Dezember beim Bauauftakt für den neuen Zoo-Wirtschaftshof gefeiert hatte, jetzt zehn Meter kleiner gebaut werden. „Es bleibt aber weiterhin das größte Europas“, sagt Michael Waiser, Geschäftsführer der Great Berlin Wheel.
Zugleich hat der Investor Probleme mit dem bisher geplanten Eingangsgebäude für das Riesenrad, das vom Berliner Architekten Ingo Pott spektakulär und wellenförmig entworfen wurde. Wie Waiser sagt, habe man weltweit keine Firma gefunden, die diese ambitionierte Wellenkonstruktion maschinell herstellen könne. Das heißt, die gesamte Konstruktion des bis zu 18 Meter hohen Eingangsgebäudes „müsste in Handarbeit gefertigt werden“, sagt Waiser. Die Kosten für das Gebäude würden sich verdoppeln, von 25 auf 50 Millionen Euro.
Doch das gibt der Finanzrahmen der Great Berlin Wheel nicht her, der über Immobilienfonds und Kredite auf 120 Millionen Euro festgelegt ist. Außer zwei Tonnen Stahl bei der Konstruktion soll deshalb auch beim Eingangsgebäude mit Cafés und Geschäften, Ticketschaltern sowie „Abflughalle“ für die 36 Gondeln, die dort Kapseln genannt werden, gespart werden. Waiser betont aber, dass die Wellenform „im Grunde“ erhalten werden soll.
Mit den Veränderungen hat die Senatsbaudirektorin offenbar Probleme, denn das Eingangsgebäude verliert durch die Spar-Variante den Charakter eines solitären Bauwerks. Ein verändertes Gebäude müsse sich daher an den umliegenden Häusern wie Uni-Bibliothek und Zoo-Wirtschaftsgebäude orientieren, befürchtet der Investor. Ein Ergebnis aus dem Baukollegium wurde am Mittwoch nicht bekannt.
Für das Aussichtsrad samt Pottscher Welle hat die Great Berlin Wheel vor einem Jahr die Baugenehmigung vom Bezirksamt Mitte erhalten. Sie gilt nur für das bisher geplante Bauwerk. Dem Investor wurde daher vom Land Berlin deutlich gemacht, dass bei grundsätzlichen Änderungen an der Gebäudeform eine neue Baugenehmigung erforderlich sein könnte.
Wie Waiser sagt, könnte damit der Zeitplan, wenn nicht sogar das gesamte Riesenrad-Projekt in Gefahr sein. Bislang setzt Great Berlin Wheel auf einen pünktlichen Baubeginn. Wenn der Zoo in diesem Monat sein neues Wirtschaftsgebäude bezieht, soll bis 31. Oktober das 13 000 Quadratmeter große Grundstück an Great Berlin Wheel übergeben werden. Zugleich soll der Investor einen Großteil der Kaufsumme von 25 Millionen Euro an das Land Berlin überweisen. Laut Waiser will man anschließend sofort mit dem Abriss der alten Zoo-Gebäude und dem Ausheben der Baugrube für das Riesenrad beginnen – auf Basis der alten Baugenehmigung.