Berlins Tierschutzbeauftragter Klaus Lüdcke hat die Berliner Tiergärten scharf kritisiert. "Ich will nicht behaupten, dass Zoodirektoren Messies sind, aber sie haben es noch immer nicht verinnerlicht, von ihrer Rekordsucht runterzukommen", sagte Klaus Lüdcke. Mit mehr als 1 380 Tierarten gilt der Zoo als weltweit artenreichster, in Tierpark und Zoo leben fast 22 000 Tiere. "Weniger würden auch reichen", sagte Lüdcke, "aber Zoodirektoren denken da ganz anders."
Der Tierschutzbeauftragte, der gestern Bilanz seiner bisherigen Arbeit zog, kündigte den Einsatz einer Kommission an, die Zoo und Tierpark im Herbst unter die Lupe nehmen soll. Ihr werden Veterinäre der zuständigen Bezirke angehören, ein Tierethiker, ein Zoologe sowie Vertreter der Senatsverwaltungen für Gesundheit und für Finanzen angehören. Es gehe nicht darum, "eine verschwundene Giraffe zu finden", so Lüdcke, sondern um Verhaltensregeln für die Einrichtungen. "Zoo und Tierpark sind der Gesellschaft gegenüber für ihr Handeln verantwortlich", sagte er. "Sie erhalten ja auch öffentliche Mittel." Lüdcke forderte außerdem Transparenz in der Arbeit. "Warum wird die Öffentlichkeit informiert, wenn Tiere geboren werden - nicht aber, wenn welche abgegeben werden?"
Fast genau ein Jahr ist es her, dass Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) den damals 68 Jahre alten Tierarzt in das neu geschaffene Ehrenamt berufen hat. Die Wahl habe sich als "guter Griff" erwiesen, sagte sie gestern, Lüdcke fülle sein Amt "engagiert" aus.
Wie zum Beweis wagte sich dieser gestern gleich an ein Tabu-Thema: Die Stadtbären, die seit vielen Jahren im Köllnischen Park in Mitte leben. "Die Mitarbeiter dort sind zwar engagiert, aber das Gehege ist viel zu klein." Die Tiere sollten besser in Zoo oder Tierpark leben.
Klaus Lüdcke, der bislang öffentlich wenig in Erscheinung getreten ist, gewährte aber nicht nur Einblicke in seine Tätigkeit, sondern auch in die Folgen. "Seit ich Tierschutzbeauftragter bin, wird mein Name erstmals richtig geschrieben - und jetzt finden mich die Leute im Telefonbuch." Da klingele schon mal um 22.30 Uhr das Telefon "und jemand sagt: Sie müssen schnell vorbeikommen, bei mir sitzt ein tollwütiger Fuchs in der Einfahrt." Abgesehen davon, dass es keine tollwütigen Füchse in Berlin gibt - Lüdcke muss in so einem Fall passen: Für Wildtiere sind die Forsten zuständig. Aber sonst: Ob Tauben oder Katzen, Hunde oder Zirkusse, an Themen mangelt es nicht. Das fanden auch die Berliner: 500 Anfragen zu Tierschutzthemen wurden an Lüdcke bislang gerichtet.
Nicht selten sei es dabei um Tauben gegangen. "Die Population ist zu groß", so Lüdcke. Er plädiere deshalb für das Aufstellen von Taubenschlägen. Versuche, auf diese Weise die Zahl der Nachkommen zu kontrollieren, waren in der Vergangenheit gescheitert.
Thema seiner Arbeit sei auch der Mangel an Hundeauslaufgebieten gewesen, vor allem im Osten. Er bemühe sich um weitere Gebiete, erklärte Lüdcke. In Lichtenberg werde mittlerweile ein kleines Gebiet an der Dolgenseestraße von einem Verein geführt, in Köpenick sind zwei Gebiete im Gespräch.
Auch mit Zirkussen hat sich Lüdcke häufig befasst. Er forderte, künftig auf das Dressieren von Exoten zu verzichten. "Bezirke, die Flächen an Zirkusse vermieten, sollten das vertraglich fixieren." Ein Flusspferd habe im Zirkus nichts zu suchen.
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Herr der Tiere
Der frühere Tierärztekammerpräsident Klaus Lüdcke (69) wurde am 31. Juli 2007 zum ersten Berliner Tierschutzbeauftragten berufen. Er bekleidet das Amt ehrenamtlich.
Zu seinen Aufgaben gehört das Vermitteln zwischen Tierschützern und Verwaltung, zudem ist er Ansprechpartner für die Berliner.
Sein Büro befindet sich in der Oranienstr. 106 in Kreuzberg, Sprechzeit: Mi 10-12 Uhr. Tel: 90 28 12 64, Fax 90 28 20 60.
E-Mail an:
Tierschutzbeauftragter@ senguv.berlin.de
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Foto : 13 offizielle Hundeauslaufgebiete gibt es in Berlin, nur eins befindet sich im Ostteil.