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Berliner Zoos wehren sich gegen schlechte Noten

Magazin "Stern" verglich 39 Tierparks und bewertete die Tiergärten als mittelmäßig

Katharina Schuler

Die Direktoren der beiden Berliner Zoos haben sich gegen eine Vergleichsstudie des Hamburger Magazins "Stern" zur Wehr gesetzt. Der "Stern" hatte bei einer Untersuchung von 39 deutschen Zoos den Berliner Zoo auf den achtzehnten und den Tierpark Friedrichsfelde auf Platz 15 gesetzt. Am Zoo kritisierten die Experten "zu kleine Gehege für Leoparden und Pumas". Am Tierpark bemängelte das Test-Team "die langweilige Gestaltung der Gehege". Der Chef des Tierparks, Bernhard Blaskiewitz, nannte die "Stern"-Studie eine Arbeit "von Laien für Laien". Zoo-Sprecher Rudolph Reinhard machte finanzielle Engpässe für die beanstandeten Mängel verantwortlich: "Wir können eben auch nur machen, was wir bezahlen können", sagte er.

In diesem Frühjahr hatten sich der ehemalige Leiter des Berliner Instituts für Zoo- und Wildtierforschung, Reinhold Hofmann, und der Fachjournalist Werner Reichenbach inkognito in den deutschen Zoos umgesehen. Sie bewerteten die Tierhaltung (70 % der Gesamtnote) sowie die landschaftliche Gestaltung (20 %) und den Besucherkomfort (10 %). Unter den 27 größeren Zoos erhielt der Tierpark auf einer Skala von 1-6 die Note 2,5 ("passabel"), der Zoo wurde mit 2,6 benotet.

Für jede Anlage nahmen sich die Prüfer jeweils nur einen Tag Zeit, obwohl der Zoo mit mehr als 1 500 Arten und 14 000 Tieren der artenreichste Zoo der Welt ist und der weitläufige Tierpark der größte Landschaftstiergarten Europas. "Bei der Bewertung handelt es sich um einen rein subjektiven Eindruck", sagte deshalb Tierpark- Direktor Blaskiewitz zu dem Test. "Wenn man mit den Mitarbeitern gesprochen hätte, hätten wir erklären können, warum wir zum Beispiel wenige Fische halten. Das teilen wir uns eben mit dem Zoo", sagte er. Kritisiert worden war der Tierpark allerdings für die wenig einfallsreiche Ausstattung der Freilaufflächen. "Im Tierpark wird die Ansicht vertreten, das Tier wirke für sich", sagte Florian Gless, einer der "Stern"-Autoren. Wo die Gehege nur aus Rasen, Steinen und Zaun bestünden, hätten die Tiere nicht genug Schatten und Möglichkeiten, sich auch mal zu verbergen.

Zoo-Sprecher Reinhard sagte, viele der beanstandeten Mängel seien bereits bekannt und würden mittelfristig behoben. Zoo und Tierpark stehen auf Grund sinkender Senatszuschüsse jedoch unter extremem Sparzwang. Die Zuweisungen sanken in zehn Jahren um bis zu 40 Prozent auf 6,8 Millionen Mark im Jahr 2001 für den Zoo und 16,7 Millionen Mark für den Tierpark.

Der Zoo reduziert auch deshalb seit Jahren den Artenbestand und nutzt frei werdende Flächen für den Ausbau bestehender Gehege. Sobald eine der vorhandenen Unterarten im Raubkatzenhaus ausstirbt, würden dort Umbauarbeiten einsetzen: "Um dem einzelnen Tier mehr Platz geben zu können, reduzieren wir die Gesamtzahl. Noch vor wenigen Jahren hatten wir 2 000 verschiedene Arten", sagt Reinhard. Mit Hilfe von Spendengeld der Deutschen Klassenlotterie bekommen zudem im Zoo die Pinguine ein neues Haus, außerdem wird das Robbenbecken saniert. Der Tierpark baut bis zum Jahr 2002 für 6 Millionen Mark eine neue Anlage für afrikanische Menschenaffen.

Dass Geld allein aber noch keinen guten Platz auf der Ranking-Liste des "Stern" sichert, zeigt das Beispiel des Zoos Hannover (Platz 21). Anlässlich der Expo sind dort im vergangenen Jahr 107 Millionen Mark investiert worden. Dabei habe jedoch nach Ansicht von Florian Gless eher die Erlebnissucht der Besucher eine Rolle gespielt als Bedürfnissen der Tiere. Für die "afrikanische Felsenlandschaft" sei dem Nashorn in Hannover so viel Kunststoff ins Gehege gesetzt worden, dass sein Bewegungsspielraum erheblich eingeengt worden sei.

Der vergleichsweise winzige Tierpark in Eberswalde (rund 1 500 Tiere) hat dagegen beim Test der Kleinzoos Platz 1 belegt. Dort können die Besucher Löwen von oben beobachten, seit im Gelände Beobachtungstürme und Aussichtsplattformen errichtet wurden.

BERLINER ZEITUNG/MICHAEL BREXENDORFF Ein Leopard im Zoo. Nach Aussage der "Stern"-Studie hat das Tier in seinem Gehege zu wenig Platz.