Die Presse: Ameisenbär, Sumpfschildkröte: Es vergeht keine Woche, in der Schönbrunn nicht eine Geburt vermeldet. Gibt es einen Babyboom oder wird er nur besser vermarktet?
Dagmar Schratter: Das wird von unserer Seite gar nicht vermarktet, sondern von den Medien aufgegriffen. Die Zoos in Mitteleuropa haben vom Hype um Eisbär Knut profitiert. Der Zoo ist interessanter geworden. Wir haben früher auch Aussendungen gemacht, wenn wir Jungtiere hatten. Aber jetzt ist einfach das Interesse größer.
Es ist also Knut zu verdanken, dass sich die Menschen auch für Ihre Sumpfschildkröten interessieren?
Schratter: Auf der einen Seite Knut, aber sicher auch unserem Panda. Da wird nachgefragt: Was haben die noch?
Sie haben nach der Panda-Geburt gemeint, ein natürlich aufgezogenes Tier könnte nie einen Hype auslösen wie Knut, der von seiner Mutter verstoßen wurde. Die vergangenen Wochen deuten darauf hin, dass Sie nicht ganz recht hatten. Ist man in Schönbrunn auf den Hype eingestellt?
Schratter: Wenn das Kleine Anfang Dezember für die Besucher zu sehen sein wird, erwarten wir natürlich einen Ansturm. Wir hatten das ja, als die Großen Pandas 2003 gekommen sind. Da mussten wir ein Anstellsystem installieren und die Besucher in Gruppen durch das Pandahaus schleusen. So etwas bereiten wir auch jetzt vor.
Haben Sie einen derartigen Hype erwartet?
Schratter: Ich habe schon mit Interesse gerechnet, war aber von dem Hype in dieser Form doch überrascht. Dass das Interesse so groß ist, hat auch damit zu tun, dass der Panda an sich etwas Besonderes ist. Er ist das Artenschutzsymbol schlechthin. Und es ist der zweite Panda überhaupt, der in Europa geboren wurde. Wir hatten schon Eisbären-Geburten und hatten diesen Knut-Hype nicht. Wir werden heuer vielleicht junge Eisbären haben und ich bin überzeugt, dass das vom Interesse her nicht vergleichbar wird.
Wie werden Sie das Panda-Baby vermarkten?
Schratter: Für uns ist es wichtig, dass es dem Panda gut geht. Was Merchandising anbelangt, machen wir gar nichts. Es werden viele Dinge an uns herangetragen, von CDs über Bilderbücher bis Stofftiere. Wir haben den Shop verpachtet und haben selbst keine Produktionen. Das sollen andere machen.
Stört es Sie nicht, dass da viele am Pandababy mitverdienen wollen?
Schratter: Nein. Wenn die Leute eine Pandatorte kaufen wollen, dann soll das so sein.
An Merchandising-Produkten könnte der Tiergarten aber ganz gut verdienen.
Schratter: Wir wollen den Panda als Botschafter nutzen, aber nicht an ihm verdienen. Wenn andere das machen, werden wir, solange das im Rahmen bleibt und wir keinen Schaden nehmen, auch sicher nichts dagegen haben. Im Gegenteil.
Hat der Rummel für Sie auch etwas Negatives?
Schratter: Nein. Der Panda ist für uns ein Botschafter für den Artenschutz. Wenn dadurch mehr Besucher kommen, wir mehr in den Medien sind, dann finde ich das nur positiv.
Wie kann man den Besuchern mehr vermitteln als nur: Da ist ein süßes Panda-Baby?
Durch Kurzinformationen und Führungen, aber nie mit erhobenem Zeigefinger. So ein kleiner Panda zieht die Leute in den Zoo. Aber sie schauen sich dann ja nicht nur den Panda an, sondern auch die Waldrappe, die Haustiere. Wir wissen, dass sie sich im Zoo nicht bilden wollen. Sie wollen sich erholen. Aber sie schnappen da und dort etwas auf.
Wie wird der Besucheransturm gehandhabt?
Schratter: Oberste Prämisse ist die Gesundheit des kleinen Pandas. Wir werden uns anschauen, wie er reagiert. Wenn es ein Problem gibt, dann werden wir den Zugang auf wenige Stunden am Tag beschränken.
Der Zoo hat sich unter Ihrem Vorgänger in Richtung Tierfreundlichkeit gewandelt. Letztlich sind die Tiere aber trotzdem hinter Gitter.
Schratter: Hinter Gitter – das ist unser Empfinden. Wir haben Zugeständnisse an die Menschen gemacht, indem wir Gitter durch Glasscheiben ersetzt haben. Für einen Affen wäre es aber vielleicht besser, wenn er das Gitter zum Klettern hätte. Frei ist ein Tier draußen auch nicht. Das ist zwar nicht durch ein Gitter gekennzeichnet, sondern einfach durch die Artgenossen. Ich hab' Gehege, aus denen Tiere jederzeit heraus könnten, wie die Antilopen. Aber sie tun's nicht, weil sie eben da ihre Grenzen haben. Es gibt auch schlechte Zoos. Man muss daran arbeiten, dass es in Zoos bessere Haltungsbedingungen gibt. Aber keine Zoos wäre ganz verkehrt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2007)

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