Stuttgarter Zeitung online | Zeitungsgruppe Stuttgart |  Donnerstag, 29. September 2011

Stuttgart & Region


Wilbär und die Folgen

"Das Geschäft steht im Vordergrund“

Erik Raidt, veröffentlicht am 15.04.2008
Foto: Wilhelma

Stuttgart - Von 12 Uhr an ist Wilbär am Mittwoch erstmals für die Besucher der Wilhelma zu sehen. Doch darüber, ob Eisbären überhaupt in Zoos gehalten werden sollten, gehen die Meinungen auseinander. Der Wilhelma-Direktor Dieter Jauch sieht keine größeren Probleme. Der
Wilhelma Direktor Dieter Jauch
Foto: Rudel
Tierschützer Thomas Pietsch von "Vier Pfoten" spricht von nicht artgerechten Bedingungen. Erik Raidt hat sie befragt.

Ist es überhaupt möglich, einen Eisbären artgerecht im Zoo zu halten?

Jauch: Aus meiner Sicht schon. Natürlich können wir den Tieren nicht die Bedingungen bieten, die sie in der Arktis vorfinden. Entscheidend ist, dass wir als Zoo den Tieren ständig neue Reize setzen, damit sie sich nicht langweilen.

Pietsch: Nein. Zoos können dem riesigen Platzbedarf von Eisbären nicht gerecht werden. In der Natur beanspruchen sie teilweise Jagdreviere von der Größe Islands. Außerdem sind sie Einzelgänger, in den Zoos werden sie aber oft paarweise gehalten.

Welche Mindestanforderungen muss eine Anlage für die Bären erfüllen?

Jauch: Die Tiere brauchen genügend Platz, um sich zu bewegen und einen Bereich, in dem sie schwimmen können.

Pietsch: Als Mindeststandard sind in Deutschland pro Paar 200 Quadratmeter Fläche vorgeschrieben. Das reicht aber nicht aus.

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Foto: StZ


Was halten Sie davon, dass Eisbären mit der Flasche aufgezogen werden?

Jauch: Davon halte ich nichts. Es ist schließlich das Normale, dass die Jungtiere von ihrer Mutter auf Bären geprägt werden.Wir sind glücklich, dass Wilbär bei uns so aufwächst.

Pietsch: Es häufen sich Berichte, dass Knut in Berlin auf Menschen fehlgeprägt wurde und unter der Einsamkeit leidet. Die Aufzucht durch die Mutter ist eindeutig vorzuziehen.


Wie groß ist die Gefahr, dass die Tiere in der Gefangenschaft Verhaltensstörungen aufweisen?

Jauch : Es gibt sogenannte Stereotypien: manche Tiere nuckeln an ihren Pfoten, andere laufen auf und ab. Deshalb beschäftigen wir die Tiere und wechseln bei den Fütterungszeiten, damit die Tiere unter Spannung stehen.

Pietsch: Die ist groß. Eine Untersuchung hat gezeigt, dass 95 Prozent der Eisbären in den Zoos verhaltensauffällig sind. Das Auf- und Ablaufen der Tiere ist ein Zeichen von Stress und einer nicht artgerechten Haltung.


Beuten die deutschen Zoos die Eisbären durch die Vermarktung aus?

Jauch: Ein ganz klares "Nein": uns geht es als Zoo darum, den Menschen die Natur näher zu bringen – wir sind gemeinnützig und wollen keine Gewinne scheffeln. Ich denke, dass wir bewiesen haben, dass sich die Wilhelma bei der Vermarktung zurückgehalten hat.

Pietsch: Da sollten die Zoos lieber ehrlich sein. Man will Geld verdienen – viel Geld. Das zeigen die Beispiele von Knut in Berlin und Flocke in Nürnberg. Wer Eisbären züchtet, trägt übrigens nichts zur Arterhaltung bei, es steht das Geschäft im Vordergrund.
 
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